Auf ein Wort

Auf ein Wort
Liebe Leserinnen und Leser,
wenn mir jemand oder etwas „lieb und teuer“ ist, dann heißt das nicht unbedingt, dass es sich hier um eine kostspielige Angelegenheit handelt. Außer man betont es dementsprechend: „Mein Mann/meine Frau/mein Kind/mein Hund... ist mir lieb... und teuer.“
Spaß beiseite. Wenn ich dieses Wortpaar benutze, möchte ich damit ausdrücken, dass das, was ich liebe, mir teuer, also wertvoll ist. Im Endeffekt sind es die Personen und Dinge in meinem Leben, die ich mit Geld nicht aufwiegen kann. Bei mir persönlich sind es zum Beispiel meine Familie, meine Freunde, die Musik oder besonders schöne Erinnerungen.
Aber ist es denn auch umgekehrt? Ist das, was teuer ist oder war mir lieb? Hat es also viel gekostet und ist mir deshalb ans Herz gewachsen? Ich kann nicht abstreiten, dass ich auf Dinge, die teuer oder materiell wertvoll sind, wie zum Beispiel das teure Tafelsilber oder technische Geräte besonders gut aufpasse, damit sie nicht kaputt gehen. Schließlich habe ich für manches davon hart gearbeitet, um es mir leisten zu können. So erinnern sich viele noch an die erste große Anschaffung, die vom ersten selbstverdienten Geld gekauft wurde. Denn diese hat oft noch einmal einen besonderen ideellen Wert, denn es steckt die Erfahrung darin, das erste Mal selbst etwas dafür geleistet zu haben. Auch wenn solche Dinge vom materiellen Wert her vielleicht nichts besonderes sind oder nach einer gewissen Zeit veraltet, so bleiben sie doch in Erinnerung und werden besonders wertgeschätzt, bekommen manchmal vielleicht sogar einen Ehrenplatz.
In meinen Augen gibt es auch Nichtmaterielles, das in gewissem Sinne „teuer“ war, auch wenn ich dafür keinen Cent bezahlt habe. Ich denke dabei an Fehler, die ich gemacht habe. Wo ich andere verletzt habe, eine Beziehung abgebrochen ist oder ich sonst unachtsam gehandelt habe. Verhalten eben, für das ich „Lehrgeld“ bezahlt habe und das ich deshalb nicht wiederholen will. Nicht umsonst spricht man davon, dass einen etwas „teuer zu stehen kommt“. Aber auch diese Fehler können mir lieb werden, weil ich aus ihnen eine wichtige Lektion gelernt habe.
Ich glaube problematisch wird es da, wo ich die beiden Seiten von „lieb und teuer“ nicht mehr unterscheiden kann oder wo ich sie verwechsle. Das heißt, wo ich materiellen über ideellen Wert stelle, denn „lieb und teuer“ ist in meinen Augen nicht das Gleiche wie „teuer und lieb“. Denn was zuerst genannt wird, wird automatisch betont. Die Frage ist, wo die Betonung in meinem Leben liegt: auf „lieb“ oder „teuer“? Beides ist wichtig und beides hat seine Berechtigung, aber gerade dann wenn ich an einem Punkt angelangt bin, wo Geld mir nicht weiterhilft, merke ich, wie wichtig das ist, was mir lieb ist.
Mein Glaube ist, dass für Gott JEDER Mensch lieb und teuer ist und zwar in jeder Hinsicht. Denn er ist für uns bis ans Äußerste gegangen, ist selbst Mensch geworden und hat in seinem Tod auch die Grausamkeit, die die Menschheit kennt, auf sich genommen. Es hat ihn alles gekostet. Aber er hat es getan, weil wir ihm so unendlich wertvoll sind. Und ich glaube nicht, dass er uns dafür jemals Vorhaltungen machen würde. Im Gegenteil, er hat in der Auferstehung Jesu daraus etwas Gutes, etwas Hoffnungsvolles gemacht, damit auch wir die Hoffnung nicht verlieren. Denn wir sind ihm „lieb und teuer“ und nicht „teuer und lieb“.
Ich wünsche Ihnen, dass sie das gerade jetzt in den ungemütlichen Novembertagen immer wieder spüren. Dass da jemand ist, der Ihnen das Gefühl gibt, wertvoll zu sein. Und vielleicht nutzten Sie diese Zeit auch, um einmal selbst auf Ihr Leben zu schauen und zu überlegen, was Ihnen „lieb und teuer“ ist. Ich wünsche Ihnen dazu Gottes liebevollen und hoffnungsvollen Segen.
Ihre Pastoralreferentin
Sandra Lohs